Wer davon träumt Segeln zu lernen, kommt früher oder später mit den amtlichen Sportbootführerscheinen in Berührung. Das Thema ist umfangreich und man kann Stunden damit verbringen, die „besten Tipps“ zu recherchieren. Wir versetzen wir uns zurück in unsere Anfänge und fassen zusammen: was uns beim Einstieg in den Segelsport geholfen hat, was wir wieder so machen würden, und auch, was wir besser anders gemacht hätten.
Inhalt
Welche Scheine sollte ich machen?
Diese Frage ist nicht pauschal zu beantworten. Viel mehr müsst ihr euch zunächst selbst einigen Fragen stellen:
- Was wollt ihr überhaupt tun können und dürfen? Kleines Segelboot auf dem benachbarten See mieten oder mehrjährige Ozeanüberquerung?
- Ist euer Plan realistisch? Habt ihr Gelegenheiten zum Bootfahren? Ein Gewässer, das ihr gut und häufig genug erreichen könnt? Ein Boot oder das nötige Geld um eins zu mieten oder kaufen? Habt ihr die nötige Zeit dafür?
- Und warum wollt ihr die Scheine machen? Wie ernst ist euch die Sportschifffahrt? Seid ihr bereit, dafür ein paar Mühen in Kauf zu nehmen?
- Wollt ihr alleine oder mit eurer Familie Boot fahren? Ist euer Partner auf eurer Seite oder braucht er noch „Überzeugung“? Ist er vielleicht sogar eher ablehnend und macht „euch zuliebe“ dennoch mit? Oder weil ihr euren Partner mit der sinnbildlichen Pistole dazu drängt?
Eure persönliche Situation und eure Leidenschaft entscheiden, ob sich der zeitliche und finanzielle Aufwand für einen bestimmten Schein für euch lohnt oder nicht.
Warum überhaupt so viele Scheine machen?
Die deutschen Sportbootscheine folgen einer klaren, stufenweisen Strategie mit inhaltlichen Überlappungen und Wiederholungen. Das Wissen wird nicht nur erweitert, sondern das bereits bestehende Wissen so vertieft, dass es in einer höheren Nutzbarkeit vorliegt. Vom einfachen Wiedergeben entwickelt man sich weiter, um das Gelernte im Tiefschlaf parat zu haben, erklären, vermitteln und je nach Bedarf kombinieren zu können. Man lernt nicht nur das „Was“, sondern das „Warum“ dahinter. Damit kann man es auch seiner Crew erklären und in kniffligen Situationen, die Transferdenken und Kreativität erfordern, beliebig miteinander kombinieren.
Die beiden Sportbootführerscheine (SBF Binnen und SBF See) sind die Einzigen, die wirklich rechtlich notwendig sind, falls man Boote mit einer gewissen Motorleistung fahren möchte, d.h. größere Segel- und Motorboote. Alle weiteren „Sportschifferscheine“ sind freiwillige Kenntnisnachweise und keine „Erlaubnisse“.
Man sollte die Scheine nicht als Hürde verstehen, die man möglichst schnell mit wenig Aufwand überspringen muss. (Wer es doch so will, findet hierzu unten mehr). Man sollte sie auch nicht als Trophäe oder Orden an der Brust verstehen, denn dafür sind sie einfach zu aufwändig und teuer. Sie sind viel mehr eine Begleitung und Lernkontrolle während man als Schiffsführer lernt und wächst. Ganz persönlich, jeder in seinem Revier, mit seinen Vorlieben und in seinem eigenen Tempo. Sie sind eine Hilfe, um sich strukturiert, schrittweise zu entwickeln. Nur die beiden SBF sind für bestimmte Vorhaben rechtlich notwendig, aber auch vergleichsweise leicht zu erlernen. Darüber hinaus entscheidet ihr, ob ihr den Schein benötigt oder nicht. Viele Wege führen nach Rom oder zum Segelglück. Und viele Segler haben gar keinen SBF.
Was lernt man für die Scheine?
Bei den SportBootFührerscheinen (SBF) geht es primär darum, die Grundbegriffe zu kennen. Buchstäblich wird in Multiple-Choice-Fragen geprüft, ob ihr die Fragen richtig gelesen habt. Zum Lernen stehen nämlich alle Fragen, Antworten und Lösungen zur Verfügung. Die Kartenarbeit beschränkt sich fast auf die reine Präzision bei der Handhabung des Navigationsbestecks.
Beim SportKüstenSchifferschein (SKS) müssen die Antworten bereits selbst formuliert werden. Aber auch hier stehen Musterlösungen bereit. Es kommt nun auch die Arbeit mit der amtlichen Literatur hinzu, es wird gerechnet, Dreiecke gezeichnet, und man kann sich in den Navigationsaufgaben bestens verfahren. Die Praktische Prüfung sollte man zwar nicht unterschätzen, ihre Anspruch ist jedoch ziemlich oberflächlich. Man lernt, nicht zu viel falsch zu machen und wie man an eine Person über Bord heranfährt. Wie man sie aus dem Wasser bekommt, ist nicht mehr Teil der Prüfung.
Mit dem SportSeeSchifferschein (SSS) kommen wir zum tieferen Verständnis. Schifffahrtsrecht wird direkt an den Gesetzestexten entlang gelernt. Seemannschaft umfasst nahezu das komplette, gleichnamige Buch. Navigation ist nochmal etwas abwechslungsreicher und enthält mehr Methoden zur Positionsbestimmung und Gezeitenrechnung. Und auch die praktische Prüfung verlangt, dass man fähig ist, eine unfähige Mannschaft sicher zu führen. Gegenseitige Hilfe ist nicht erlaubt.
Und der SportHochseeSchifferschein (SHS)? Das ergänzen wir an dieser Stelle, falls wir uns jemals dem Vergnügen stellen.
Der schnellste Einstieg ins Segeln
Unseren ersten Schein haben wir bei Torsten Chudzik in der Segelschule Rerik gemacht. Ein kurzes Telefonat mit ihm vorab ist mir bis heute im Gedächtnis geblieben. Er merkte sofort, dass ich im „Sammelfieber“ war, und warnte eindringlich davor, sich gleich SBF und SKS vorzunehmen, zumal als Paar. Denn meistens ist die Begeisterung ungleich verteilt, die Erwartung anders als die Realität und am Ende das Interesse vielleicht doch nicht so stark wie nach dem einen YouTube-Video mit Traumstrand und Abenteuer oder dem fünften Bier letztes Wochenende.
Unser erster Schein war daher kein SBF, sondern der Segelgrundschein vom VDS. Diesen kann man schon ab 12 Jahren erwerben und umfasst das Mindeste, was man auf dem nächstgelegenen See benötigt: Vorfahrtregeln, Kurse zum Wind, Wende, Halse, Mensch über Bord und das An- und Ablegen. Das alles kompakt in einer Woche, mit klarem Fokus auf die Praxis. Am Ende steht eine kurze, theoretische und praktische Prüfung, die der Segellehrer abnimmt und mit deren Abschluss man das in der Hand hält, was schon für viele bereits ausreichend ist: Ein Nachweis, dass man segeln gelernt hat. Er genügt dem Bootsverleih am Badesee als Kenntnisnachweis, um eine Jolle mieten zu können. Was braucht es mehr für den Anfang?
Segeln lernen, Beziehung bewahren
Und so saßen wir eines Sommers im Schulungsraum in Rerik, als einzige deutlich über 30 in einer kleinen Gruppe von Teenagern. Um 13 Uhr Theorie, um 14 Uhr in die Boote, und dann wurde das getan, was wir uns damals unter Segeln vorstellten. Alles kippelte, wackelte, machte blaue Flecken, Beulen und grandios viel Spaß. Die stabilen Segelbedingungen im Salzhaff von Rerik haben sicherlich dazu beigetragen. Gesegnet mit einem beständigen Wind ohne Turbulenzen oder Windlöcher, kamen wir nicht bloß irgendwie vorwärts, sondern konnten geradezu über die Wellen fliegen. Am ersten Abend fielen wir nach so vielen, aufregend neuen Eindrücken wie die Steine um 19 Uhr ins Bett. Ohne Abendessen.
Nach 5 Tagen hatten wir die Prüfung bestanden und konnten stolz unseren ersten Bootsführerschein empfangen. Und genauso würden wir es wieder tun. Und jedem anderen empfehlen, der vom #boatlife noch träumt, vor allem als Paar. Warum?
Die ungleiche Begeisterung, die Torsten anfangs diagnostiziert hat, war bei uns vor dem Grundschein merklich ausgeprägt. Durch das positive gemeinsame Erlebnis haben wir uns aber deutlich angenähert. Nachdem wir aus dem Urlaub zurück kamen, haben wir bald erste eigene Runden auf dem heimischen See unternommen. Die Idee, weitere Scheine zu machen und auf den „großen“ Booten zu lernen, haben wir ab da gemeinsam getragen. #boatlife wurde unser gemeinsamer Traum.
Und selbst, wenn wir danach nicht weiter gegangen wären, so wäre diese Entscheidung qualifiziert getroffen worden. Zudem hätte der motiviertere Partner zumindest seinen Kenntnisnachweis für den Bootsverleih am Badesee. Für ca. 350€ pro Nase und ein paar Nachmittage im Ostsee-Urlaub war dies ein absolut unschlagbares Paket. Der spätere SBF Binnen war hiernach ein Kinderspiel.
Erst wenn euch das Jollensegeln nicht mehr reicht, macht es Sinn, in die SBF und darüber hinaus zu schauen. Die kommen aber mit ungleich viel mehr Aufwand.
Der schnellste Weg zum Sportbootführerschein
Für diejenigen, die möglichst wenig lernen wollen: Hier der schnelle, schmutzige Weg zu den Sportbootführerscheinen mit möglichst wenig Aufwand und Kosten.
- Beliebige Lern-App mit den Prüfungsfragen installieren und bei jeder Gelegenheit Fragen beantworten. Auch eine bezahlte App ist immer noch günstiger als das Buch, und es ist viel bequemer und effektiver als die offizielle, kostenlose Liste der Prüfungsfragen auf elwis.de, bei denen Antwort a) immer die Richtige ist. Durch die stumpfe Wiederholung lernt ihr die Antworten auswendig. Das geht bequem nebenher in der Bahn, oder auf der Toilette. Zudem können manche Apps die Schlagworte farblich hervorheben, die beim Merken der richtigen oder falschen Antwort helfen.
- Für SBF See: Die Übungskarte Ü49 und alle Navigationsaufgaben 2x durcharbeiten. Messt dabei die Zeit mit der Stoppuhr. Die Navigationsaufgaben und Musterlösungen gibt es auf elwis.de und es muss nicht beim ersten Versuch perfekt werden. YouTube und Internet helfen euch, wenn ihr mal nicht weiter wisst. Die erste Aufgabe wird das drei- bis vierfache der erlaubten Zeit dauern. Das ist normal und ihr werdet bald schneller werden. Auch hier gilt: Die Prüfungsaufgabe ist exakt eine dieser Kartenaufgaben. Wenn ihr die Aufgaben 2x macht, habt ihr auch hier einen Merkeffekt. Konzentriert euch auf die Handgriffe und genaues arbeiten. Die Toleranzen für Fehler sind im Bereich von Millimetern.
- Eine Handvoll Praxis-Stunden bei einer Bootsschule buchen. Alternativ könnt ihr mit einem qualifizierten Bekannten üben, der die nötige Erfahrung mit den Manövern hat. Wir empfehlen, euch an das spätere Prüfungsboot zu gewöhnen.
Ihr müsst an- und ablegen können und dabei die mindestnötigen Kommandos geben. D.h. euer Manöver ankündigen, das angekündigte Manöver fahren (und nicht irgendwas anderes) und eure Crew während des Manövers anweisen, bspw. bei der Leinenarbeit. Ihr solltet euch mit den An- und Ablegemanövern bei verschiedenen Windbedingungen beschäftigen (auf- und ablandiger Wind) und das Mensch-über-Bord Manöver fahren können.
Wichtig ist hier zu unterscheiden, ob ihr Motor- oder Segel-Praxis macht. Wer den Segelgrundschein hat, kann den SBF Binnen unter Segel ohne weitere Praxisstunden schaffen. Ein Nachmittag zum auffrischen reicht. Wer ihn nicht hat, sollte ein paar Nachmittage einplanen. Für die Motor-Praxis können auch schon 4-5 Praxisstunden zum Bestehen ausreichen. - Prüfung ablegen und bestehen.
Ist das so denn empfehlenswert? Es kommt drauf an. Es ist günstig. Es ist schnell. Und es ist im Vergleich zu SKS und SSS so auch schaffbar. Mit den Lern-Apps ist es wie Memory-Spiel spielen. Aber: Man steht sich später damit selbst im Weg. Wer die Prüfung mit Bulemielernen besteht und nach 3 Tagen alles vergisst, hat anschließend im Bordalltag einige Nachteile. Vieles, was in den Büchern zwischen dem Prüfungsstoff steht, und was euch die Bootsschulen als zusätzliches Hintergrundwissen und Verständnis mit auf den Weg geben, findet eher früher als später seinen ersten Einsatz. Was hilft es, Wolkenarten benennen zu können, die man aber vor Ort nicht unterscheiden kann? Was hilft es zu wissen, dass „Grundsee“ gefährlich ist, aber nicht warum, wie sie aussieht und wo sie auftritt? Wer den schnellen, schmutzigen Weg wählt, spart am Ende nichts, muss aber die Wissenslücken in der späteren Praxis selbst füllen. Entweder durch eigene Recherche oder mehr oder weniger freiwillige Erfahrungen.
Unser Boot hat seinen Liegeplatz inmitten einer Charterflotte. Wir sehen jedes Wochenende neue Crews in ihr Abenteuer starten, die mit mal mehr und mal weniger Erfahrung versuchen, den Urlaub zu bestreiten. Wir können sehr gut sehen, welche Skipper sich mit der Thematik ernsthaft beschäftigt haben, und sich mit Geduld und Einfühlungsvermögen um die Crew kümmern. Und sehr, sehr viel ganz langsam erklären. Diese Crews sind schon beim Ablegen viel entspannter, und schaffen es nachher sogar entspannt zurück in die Box. Wer es mit einer „Ich brauch nix lernen, ich will nur Boot fahren“-Einstellung angeht, bringt durch Unsicherheit in unvorhergesehenen Situationen sehr viel Unruhe in die Mannschaft. Deren negative erste Erfahrung schmälert eure Chance, dass eure Crew, meistens ja die eigene Familie, je wieder mit euch segeln will.
Solltet ihr diesen Weg gehen, oder bereits gegangen sein, könnt ihr in unseren Wissensartikeln eure Lücken weiter füllen.
Muss ich in eine Bootsschule gehen?
Nein. Aber Bootsschulen haben einen unglaublichen Vorteil: Ihr könnt doofe Fragen stellen. Und zwar alle, die euch einfallen. Die Lehrer werden euch die Fragen entweder gleich beantworten können, oder es für die nächste Stunde vorbereiten. Viele Bootsschulen unterrichten zwar entlang der üblichen Lehrbücher, haben ihr Lehrmaterial aber drumherum erweitert, um den Stoff verständlicher zu machen. Zudem können sie auch den gleichen Sachverhalt von mehreren Seiten erklären, bis der Groschen endlich fällt. Bei reinen Video-Kursen geht das nicht und auf YouTube sucht man sich dumm und dämlich oder landet in ganz falschen Themen die der Algorithmus einem so empfiehlt.
In Gesprächen mit Segellehrern haben wir bereits mitgehört, dass sie den Präsenz-Unterricht bevorzugen. Das ist bemerkenswert, weil sie mit einem aufgezeichneten oder einem Live-Onlinekurs deutlich mehr Schüler gleichzeitig bedienen könnten und so eigentlich ihren Umsatz steigern könnten. Sie bevorzugen aber, die Fragezeichen in euren Gesichtern zu sehen, statt sich auf die Fragen in den Kommentarfunktionen oder Emails zu verlassen.
Wo euch die Bootsschule aber besonders helfen kann ist der praktische Teil. Fragt einfach nach, ob ihr nur den Praxisteil bei eurer Bootsschule absolvieren könnt. Denn es ist schwer, das selbst zu organisieren wenn man noch niemanden mit Boot und Erfahrung kennt. Und ihr könnt sogar auf dem Übungsboot im vertrauten Übungsrevier die praktische Prüfung ablegen.
Brauche ich alle Lehrbücher, Übungshefte, Aufgabensammlungen, etc.?
Es gibt im Markt nicht unbedingt eine Flut von Lehrbüchern, die gezielt auf die Sportbootprüfungen vorbereiten. Genau genommen hat sich nur eine Handvoll etabliert. Dabei ist die Qualität der Bücher unserer Erfahrung nach tendenziell gut. Wenn man sich mit dem Stoff mehr als nur oberflächlich beschäftigen möchte (siehe oben), sollte man sich die Bücher zum jeweiligen Kurs besorgen, und diese auch 2x lesen. Welches Buch das Richtige ist, weiß man leider erst hinterher, denn Lernen ist eine subjektive Sache.
Zusätzlich zu den Büchern gibt es die „Begleithefte“. Diese Begleithefte sind notwendig für die jeweilige Prüfung, denn sie enthalten die Tabellen mit Gezeitentafeln und ersetzen während der Prüfung die amtliche Literatur. Zusätzlich benötigt ihr bis zum SKS die Übungskarte D49. Das Begleitheft und die Karte dürfen keine Eintragungen oder Markierungen enthalten!
Des Weiteren gibt es eine Reihe von Lernhilfen auf dem Markt. Von Übungsbögen, Übungskarten, Karteikarten, und Apps, bis hin zu Postern. Unsere persönliche Erfahrung war, dass wir die Übungsbögen und Übungskarten nicht mal ausgepackt haben. Unsere Segelschule unterrichtete mit dem „Bark“ (das Weiße Lehrbuch). Ein kompletter Satz Übungskarten für den SBF See war da schon hinten beigefügt und konnte gut radiert werden. So konnten wir jede Aufgabe mehrmals üben. Der SKS wird ohnehin auf der großen Karte geprüft, und sollte auch auf dieser geübt werden. Die Fragen haben wir nach unserer Schnell-und-Drecking-Methode per App gelernt.
Wir raten niemandem davon ab, auf ein bestimmtes Hilfsmittel zum Lernen zu verzichten, wenn es zu seinem Lernstil passt. Wir empfehlen aber, mit dem Kauf zu warten, bis man dieses Mittel benötigt. Die Lehrbücher, und die bereits im Abschnitt „schnell und dreckig“ weiter oben diskutierten Hilfsmittel waren für uns bereits ausreichend. Weitere kostenlose Hilfsmittel haben wir für euch in unserer Liste kostenloser, amtlicher Veröffentlichungen für die Sportschifffahrt zusammengetragen und bewertet.
Unser Spartipp: Kauft euch die Lehrbücher gebraucht, bspw über ebay oder Kleinanzeigen. Zum einen spart es Papier, zum anderen senkt es eure Kosten. Eine ältere Auflage wird euch nicht die Prüfung kosten, denn es ändert sich an Seemannschaft und Wetter nicht so viel und die aktuellen Fragen bekommt ihr eh auf anderem Wege sogar kostenlos. Kleinere Kritzeleien im Buch sind nicht störend und können evtl ausradiert werden. Da es aber auch den Lerntyp „Textausmaler“ gibt, der jedes gelesene Wort mit Textmarker anstreicht, bevorzugt in 6 Farben, sollte man sich vorab über den Zustand erkundigen. Ebenso sollte man bei einem Weiterverkauf auch deutlich auf eigene Eintragungen hinweisen.
In künftigen Artikeln werden wir detailliertere Reviews und Materiallisten diskutieren und euch auch erklären, was davon sich auch nach den Prüfungen im Bordalltag bewährt hat.
Helfen Online-Kurse?
Ja, aber. Es gibt zwei Möglichkeiten, einen Online-Kurs zu gestalten. Als aufgezeichnetes Video, oder als Live-Veranstaltung. Ersteres ist für den Autor mit wenig Aufwand verbunden und die Kurse sind günstig, da mit wenig Arbeitseinsatz skalierbar. Dafür haben sie den Nachteil, dass man für Fragen erst Emails schreiben muss, und der Stoff nur auf die eine, aufgezeichnete Weise gelehrt wird. Diesen Nachteil habt ihr beim Live-Video-Kurs nicht, aber eventuell sitzt ihr mit 50 Teilnehmern in einem virtuellen Klassenraum sitzt, und auch hier Fragen nur per Chat ermöglicht werden.
Wir haben selbst mit den Live-Kursen keine Erfahrungen, und daher keine Meinung darüber. Jedoch haben die Funkscheine (SRC und UBI) und den Fachkundenachweis (FKN) auf einer Plattform mit aufgezeichneten Videos gelernt. Für den FKN war der Kurs genau das Richtige. Wiederholbare Erklärungen und kein Stoff, den man motorisch üben muss. Bei den Funkscheinen war das Erlebnis schon gemischter. Obwohl jeder von uns beide Prüfungen beim ersten Versuch bestanden hatte, hat uns dennoch in der späteren Anwendung das Üben am Gerät gefehlt. Man hat zwar die Meldungen im Video gesehen und auch selbst im eigenen Wohnzimmer geübt, aber es fehlte ein „gut so“ oder „mach das anders“ von einer externen Kontrollinstanz. Im Ergebnis haben wir zwar die Scheine, aber kein Selbstvertrauen in der Nutzung des erworbenen Wissens. Genau das, was wir weiter oben beim schnellen, dreckigen Weg bereits kritisiert haben. Auch wenn der Erfolg des Kurses zunächst für sich spricht, raten wir im Falle der Funkschiene zu einer Bootsschule mit Anwesenheit.
Gibt es eine ideale Reihenfolge?
Nein. Eure verfügbare Zeit bestimmt die Reihenfolge. Es gibt aber ein paar Möglichkeiten, etwas Zeit und Geld zu sparen und sich dennoch langsam, Stück für Stück an die größeren Themen anzunähern.
- Wer den SBF See hat, kann sich die Praxisprüfung beim SBF Binnen sparen. Beide sind nämlich identisch, außer dass ihr beim SBF See kurz nach Kompass steuern müsst (statt nach Landmarken) und eine Peilung mit einem Peilkompass machen müsst. Wir haben deshalb den SBF See vor dem SBF Binnen gemacht. Unsere Segelschule hat den SBF See in den Winter und den SBF Binnen auf den Sommer gelegt. So hatten wir beide SBF innerhalb von wenigen Monaten durch. Die Motorbootprüfung hatten wir Mitte Februar auf dem fast zugefrorenen See. Tolle Erfahrung!
- Wer den Segelgrundschein hat, kann sich wahrscheinlich den Praxisunterricht für den SBF Binnen sparen, muss aber die Praktische Prüfung unter Segel dennoch machen. Wir hatten zwar den Segelgrundschein, haben aber dennoch die Praxisstunden bei unserer Segelschule nochmal gemacht. Große Unterschiede waren es nicht. Spaß gemacht hat es dennoch. Wer nach dem Segelgrundschein regelmäßig auf dem benachbarten See unterwegs war, verpasst nicht viel, wenn er ohne Praxiskurs direkt in die Prüfung geht.
Wir sehen diese Abkürzungen nicht als problematisch, denn man verpasst nicht viel. Wir bereuen aber auch nicht, das Jollensegeln quasi 2x gelernt zu haben (Segelgrundschein und SBF Binnen). Denn obwohl wir inzwischen fast ausschließlich Yachten segeln, hat das Jollensegeln sehr geholfen ein Gefühl für das Verhalten von Segelbooten zu entwickeln.
Muss man vor dem SKS einen Jollenschein gemacht haben? Nein. Yachten sind größer, es wirken viel stärkere Kräfte und sie werden ganz anders bedient. Nicht aus der Hand, sondern mit gekurbelten Seilwinden (man nennt sie Winschen). Zudem haben sie Motoren, die man im Hafen auch benutzen soll. Ich habe meinen SKS zusammen mit zwei Frauen gemacht, die nie zuvor segeln waren. Sie haben während des SKS-Praxistörns das Segeln gelernt und die Prüfung beim ersten Versuch bestanden. Es geht also auch ohne Jollenschein. Schaden tut es allerdings nicht. Und es ist entspannter für die Beziehung und den Stresspegel prüfungsängstlicher Partner, wenn man dem Lernprozess etwas mehr Zeit und kleinere Schritte gönnt.
Sollten bei Paaren beide Partner die Scheine machen?
Es kommt drauf an. Ganz einfach weil es für einen Anfänger mit kurzer Ausbildungsdauer nicht leicht ist, das Segeln zu vermitteln, wenn er selbst noch unerfahren und unsicher ist. Während man selbst noch ein paar Momente grübeln muss, wie man am besten an den Steg kommt, hat man einfach keine Kapazitäten dafür, jede Kleinigkeit noch erklären zu müssen. Hier ist hilfreich, wenn der Partner schon mindestens einige Grundbegriffe kennt und schon mal ein Boot bedient und an den Steg gebracht hat.
Nun das aber: Man kann es natürlich auch anders lösen. Zu Hause schon frühzeitig vor dem geplanten Sommertörn die Grundlagen diskutieren und beibringen: Knoten, Leine Werfen, Klampe belegen, und die Kommandos. Und dann vor Ort zumindest am ersten Tag erstmal alle Handgriffe nochmal durchsprechen und üben, bevor man ablegt. Aber diese Disziplin und Geduld müssen erstmal beide Beteiligten haben, und der Unterrichtende auch die Weitsicht haben, was er alles vermitteln muss.
Was man auch bedenken sollte: Es ist nicht verkehrt diese Grundlagen von jemand anderem als dem eigenen Partner beigebracht zu bekommen. Denn auch die eingespielte Dynamik in einer Paarbeziehung kann dem Lernerfolg ordentlich im Wege stehen. Wir kennen ein Paar, bei dem der eine Partner mehr vom Stegnachbarn als vom eigenen Partner lernen konnte. Dort war deren Beziehungsdynamik nicht im Weg.
Wir selbst haben den Jollenschein, die SBF Binnen und See und teilweise den SKS beide zusammen gemacht, und dennoch haben wir beim ersten Chartertörn nach meinem SKS erstmal einen kompletten Tag festgemacht im Hafen verbracht, und sind alle Handgriffe mehrmals in Trockenübungen durchgegangen. Und trotz dieser geduldigen Einführung und permanenten Schulungen habe ich die Schere zwischen unseren Kenntnisständen nie mehr schließen können.
Fazit
Die Welt der Sportschifffahrt ist mannigfaltig und genauso sind es die individuellen Lebensumstände. Deshalb gibt es kaum pauschale Antworten. Einzig eine wichtige Empfehlung: Wenn ihr gerade erst anfangt, denkt nicht an den SHS. Und gebt dem Lernprozess die nötige Zeit.